Foucault und der Neoliberalismus

Michel Fou­caults sozi­al­wis­sen­schaft­li­cher Ein­fluss ist immens und unbe­strit­ten, so sehr, dass dahin­ter schnell ver­schwin­det, wel­chen Bären­dienst sein Wir­ken einer kri­ti­schen Sozi­al­theo­rie eigent­lich auf­ge­bür­det hat. Vie­le Aspek­te sei­nes Den­kens haben sich zu einer Art theo­re­ti­schem Hori­zont ver­ste­tigt, was es umso schwe­rer und zugleich not­wen­di­ger macht, sie…

Was soll Theorie leisten?

Auf einem sehr grund­le­gen­den Niveau ist Theo­rie banal. Sie ist jene Sys­te­ma­tik, vor deren Hin­ter­grund zusam­men­hän­gen­de Annah­men über Gegen­stän­de erst mög­lich wer­den. Eine ganz ein­fa­che Ope­ra­ti­on der Abs­trak­ti­on, die es ermög­licht, nicht vor jedem Phä­no­men wie vor einer Offen­ba­rung zu ste­hen. In genau die­ser systematisierenden…

Ontologischer Terror

Am 13. Janu­ar 2017 nahm sich Mark Fisher das Leben. In der fort­ge­führ­ten Rei­he der bedeu­ten­den ster­ben­den Per­sön­lich­kei­ten nimmt sein Selbst­mord eine gewis­se tra­gi­sche Son­der­po­si­ti­on ein. Fisher litt Zeit sei­nes bewuss­ten Lebens an Depres­sio­nen und hat­te sich in einer außer­or­dent­li­chen Wei­ge­rungs­ges­te dage­gen gewandt: Er schrieb…

Materialistische Dialektik als Theorie der Gesellschaft

Die seit lan­ger Zeit nur schwer weg­zu­den­ken­de Prä­senz des Mar­xis­mus in der Sozi­al­wis­sen­schaft wird häu­fig auf zwei Arten erklärt: Einer­seits habe sich der Gegen­stand – eine Gesell­schaft, die in wesent­li­chen Aspek­ten von ihrer kapi­ta­lis­ti­schen Pro­­­du­k­­ti­ons- und Denk­wei­se bestimmt ist – zwar an der Ober­flä­che, nicht…

Wissenschaftliche Mythenbildung

In der kri­ti­schen Gesell­schafts­theo­rie gab es lan­ge Zeit einen All­ge­mein­platz betref­fend der ent­schei­den­den Tren­nung zwi­schen Erkennt­nis und Ver­blen­dung: Das­je­ni­ge Den­ken, wel­ches nur ein unbe­wuss­tes orga­ni­sches Abfall­pro­dukt der gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se ist, bleibt der Bestä­ti­gung des Bestehen­den ver­haf­tet. Nicht in akti­ver Affir­ma­ti­on, son­dern in der Ver­schleie­rung der…

Die Erben des Marxismus: Derridas und Rancières Althusserlektüre

Es lässt sich ein wie­der stär­ke­res, jedoch dif­fu­ses, aka­de­mi­sches Inter­es­se an mar­xis­ti­scher Theo­rie beob­ach­ten und vor die­sem Hin­ter­grund lebt auch die Dis­kus­si­on um Lou­is Althus­ser wie­der auf. Zu Beginn der 1990er Jah­re wur­de Althus­ser zuletzt als Kris­tal­li­sa­ti­ons­punkt mar­xis­ti­scher Gesell­schafts­theo­rie her­an­ge­zo­gen und gera­de vor dem Hintergrund…

Aufklärung in postfaktischen Zeiten

Die media­len Kom­men­ta­re der­zeit schei­nen sich einig im Bekennt­nis, wir leb­ten in post­fak­ti­schen Zei­ten: Fake-News, der Tri­umph der Affek­te über die Fak­ten, Het­ze und Ver­leum­dun­gen im Netz. Von Donald Trumps Wahl­kampf bis zu fal­schen Zita­ten Rena­te Kün­asts las­sen sich deut­li­che Sym­pto­me des­sen aus­ma­chen. Der österreichische…

Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte 1960–1990

Es wur­de ins­ge­samt viel Auf­he­bens um Phil­ipp Felschs Rekon­struk­ti­on der Theo­rie­ge­schich­te gemacht – und zu Recht, denn es gelingt ihm auf ein­dring­li­che Wei­se, den all­ge­mei­nen Trend einer kei­nes­falls zu unter­schät­zen­den Per­spek­ti­ven­ver­schie­bung nicht nur als abs­trak­tes Pos­tu­lat, son­dern als kon­kre­tes Erle­ben nach­zu­voll­zie­hen. Anhand der Bio­gra­fien der Protagonist_innen…

Rückkehr und Fortschritt. Didier Eribon und der Zustand der Linken

Als ich jüngst mit lin­ken Freun­den und Bekann­ten ins Gespräch über die Wahl Donald Trumps kam, wur­de mir schlag­ar­tig klar, in welch deso­la­ter Situa­ti­on wir uns befin­den. Unab­hän­gig von­ein­an­der äußer­te sich bei vie­len der letz­te Schluss, es hel­fe wohl nur noch ein Atten­tat. Nun hatte…